A2 Lehner Robold Diplomingenieure Architekten

büro dokumentation erasmuskapelle in kempten, st. mang-platz

die grundmauern der erasmuskapelle aus dem 12. jahrhundert umfassen einen rechteckigen, unterirdischen raum von rund 85 m2, der begehbar gemacht werden soll.

in den neuen platzaufbau kann eine stützenfreie, tragende decke über der ausgrabung integriert werden, so dass sich eine nutzbare raumhöhe von ca. 2.80 m ergeben wird. die außenmauern der kapelle werden dabei knapp überspannt, die lastabtragung erfolgt außerhalb des kapellenraumes.

die erschließung erfolgt über eine treppe von süden, und zwar genau an der baufuge zwischen dem ursprünglichen kapellenraum und der erweiterung des bauwerks nach westen aus dem 14. jahrhundert.

auf dem platz ist dieser zugang in nord-südausrichtung am übergang zwischen baumbestandenem bouleplatz und befestigter platzfläche eingefügt, unter beibehalt der bisherigen platzgestaltung.

die dem befestigten platz im osten zugewandte dreiecksseite ist dabei verglast vorgesehen, ebenso die stirnseitige zugangstür. eine nächtliche beleuchtung dieses geometrischen körpers schafft einen stimmungsvollen effekt auf dem platz.

am ende des treppenlaufs wird für den durchgang die außenecke der „ur-kapelle“ aus der ersten bauphase freigestellt, wo der blick auf die fundstelle einer konzentrierten knochenauffüllung außerhalb des kapellenraums mit einbezogen wird.

der eingriff in die substanz des mauerwerks, der für die schaffung des eingangs notwendig ist, zeigt auf der zweiten leibungsseite mit einer exakt gesägten schnittkante die historische mauerwerksstruktur.

die bodenflächen des kapellenraumes sind mit dunkel-warmtonig eingefärbten, glatten und präzise gefertigten fertigteiltafeln in großformaten belegt, die in einigen ausgestanzten öffnungen funde wie säulenbasen und estrichflächen sichtbar machen.

eine vielzahl von eingriffen und baulichen details im kapellenraum erzählen von der bewegten geschichte dieses bauwerks: rundstufenanlage des ehemaligen haupteingangs mit steingewände, deckengewölbeansätze aus verschiedenen epochen, die wieder platzierte original-mittelsäule, säulenbasen, estrichreste, die ritzung einer jahreszahl, wand- und fensternischen, die durchbrüche für den schützengraben und den südzugang.

die westliche abschlußwand der „ur-kapelle“ ist als fundament sichtbar und nachvollziehbar, indem ein bodenelement in wandbreite aufgefaltet wird und den blick auf diese mauerreste freigibt.

auf dem platz sind außer dem zugangsbauwerk zwei kleine zeichen für das unterirdische bauwerk zu finden: ein glasfenster im boden, das den ehemaligen haupteingang zur kapelle markiert und der nach oben projizierte abdruck des kieselgepflasterten wiegeplatzes, dessen original von der neuen platzfläche überdeckt wird.

der gesamteindruck des kapellenraums soll dem der früheren nutzung als beinhaus / karner nahe kommen und licht nur über die von rückwärts beleuchteten mauerkronen erhalten. sparsame lichteffekte ergeben sich aus der minimalistischen ausstellung einiger weniger, markanter fundstücke. die mystische stimmung wird gezielt durch eine mediale inszenierung unterbrochen, die den bewegten lauf der geschichte der stadt kempten, interpretiert über die ereignisse im umgriff der erasmuskapelle dokumentiert. stadtgeschichte wird mit allen sinnen erlebbar.

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